Zehn Jahre hat Chrigu Stuber das Kofmehl mitgeprägt. Er holte als Booker Bands nach Solothurn, die sonst nur in Grossstädten auf Bühnen stehen. Chrigu Stuber blickt zurück und erzählt, warum der Wechsel zu Good News eine schwierige Entscheidung war.
Welche ist deine erste Erinnerung ans Kofmehl?
Keine Ahnung, wann ich zum ersten Mal im Kofmehl am alten Standort war. Ich erinnere mich aber noch gut an die damaligen Konzerte. Living Colour, Dover, Dick Brave, Frank Popp Ensemble, Molotov, Core22, Such A Surge, Donots, Subzonic, Sportfreunde Stiller, Lovebugs, Liquido, Chumbawamba und viel Ska – das lief so während meiner Kofmehl-Anfangszeit. 2003 durfte ich dann mit ein paar Kollegen zum ersten Mal selbst einen Anlass im alten Kofmehl auf die Beine stellen, was für uns damals eine unglaubliche Geschichte war.
Wie war Deine Werdegang im Kofmehl? In welchen Bereichen hast du überall gearbeitet?
Nun, ich war schon vom Anfang an mit dem Programm verbandelt, mich hat das mitgestalten der Programminhalte immer fasziniert. Dazu habe ich auch Administratives gemacht, viele Sächeli rund ums Anlassmanagement und Personal, Werbung usw.
Hast Du damals erwartet, dass Du zum Chef-Booker wirst?
Nein. Pascal Rötheli, mein Vorgänger, bekam Anfang 2009 eine Anfrage von Appalooza (Gurtenfestival, Bierhübeli) – so bin ich dann quasi von einem Tag auf den anderen in den Posten des Programmleiters reingerutscht.
Wie sieht ein Standard-Alltag eines Bookers aus?
Viel Austausch mit Agenturen, Veranstalterkollegen, Labels/Vertrieben, Bands und DJs. Aufschalten von Anlässen. Ticketing. Vorproduktionen rund um die Konzerte: Da ist vom Einholen von Nachtfahrbewilligungen über Hotelbuchungen bis hin zum Zusammenfassen der Cateringwünsche der Künstler alles dabei. Und schlussendlich rechnet der Booker die Shows auch ab. Im Kofmehl ist der Booker auch mit der Promo betraut, er schreibt also z.B. Pressemitteilungen, fädelt Medienpartnerschaften ein und schaltet Werbeanzeigen. Weiter ist der Booker die Schnittstelle zu den vielen Gefässen im Kofmehl. Eine sehr reichhaltiges und abwechslungsreiches Jöbbli also.
Gibt’s einen Bereich deiner Arbeit, den man kaum erwartet hätte bzw. der quasi im Stillen abgelaufen ist?
Man muss den Musikmarkt immer gut beäugen. Gerade in Zeiten, wo Verkaufszahlen von Tonträgern im Bezug auf Konzerte nicht mehr dieselbe Aussagekraft haben wie früher, surft man z.B. oft und endlos lange durch die sozialen Medien, um neue Hypes zu entdecken.
Was war einer deiner stressigsten Booker-Tage?
Sehr kurzfristige Showabsagen waren immer ärgerlich. Bei The Bloody Beetroots ging z. B. der Nightliner auf der Fahrt Richtung Kofmehl in die Brüche – und Kuno Lauener musste mal acht Stunden vor einem Züri-West-Konzert im Kofmehl krankheitshalber Forfait erklären. Beide Konzerte konnten wir glücklicherweise zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Und natürlich gab es auch immer mal wieder kleinere Knacknüsse. Es gab z. B. Bands, denen das Hotelzimmer zu kalt war, oder Bands, die hunderte T-Shirts in die Schweiz schmuggeln wollten und an der Grenze festgehalten wurden. Wir haben auch Shows mit Bands gemacht, die in den USA in grossen Hallen spielen und entsprechend mit einer Riesen-Produktion Kurs aufs Kofmehl nahmen. Aber schlussendlich haben wir immer eine Lösung gefunden, die Show auch im «kleinen» Kofmehl umzusetzen.
Du hast viele Bands ins Kofmehl gebucht. Auf welchen gebuchten Act bist du heute noch besonders stolz? Wen hättest Du gerne ins Kofmehl geholt – und warum hat es nie geklappt?
Rein von der Resonanz her waren Die Ärzte unser grösster Wurf. Bands, die ich gerne ins Kofmehl geholt hätte, gabs hunderte – gerade spannende neue Acts entschieden sich bei ihrer allerersten Schweizer Show oft für Zürich – ganz einfach auf Grund des grösseren Einzugsgebiets und weil die medialen Voraussetzungen dort spannender sind.
Welche Band hat dich unerwarteterweise positiv überrascht?
Da gab es viele. Die dänische Band Saybia zum Beispiel. Und Train. Und The Wombats. Und Archive. Und Angus & Julia Stone. Und Bonobo. Und Seether. Die Dublin Legends. Und die Rival Sons bei ihrem ersten Konzert im Kofmehl.
Erzähl uns ein lustiges Backstage-Erlebnis.
Die ausuferndsten Backstagepartys gab es bei Shaggy, der Bloodhound Gang, Stone Sour und Bastian Baker. Ich möchte hier aber nicht zu fest ins Detail gehen ;-). Ab und an warteten Fans bereits frühmorgens vor dem Kofmehl, und unsere Bürocrew war den ganzen Tag damit beschäftigt, Groupies vom Backstagebereich fernzuhalten.
Hättest Du vor einigen Wochen noch erwartet, vor dem grossen Pipo das Kofmehl zu verlassen?
Bevor die Anfrage von Good News kam, hätte ich mir nicht im geringsten vorstellen können, das Kofmehl zu verlassen. Und es war die mit Abstand schwierigste Entscheidung, die ich bisher zu fällen hatte in meinem Leben, da mir das Kofmehl und das ganze Team hier stark ans Herz gewachsen sind.
Was wirst Du nach Deiner Kofmehl-Zeit besonders vermissen – und was eher nicht?
Ich hatte zehn wunderbare Jahre im Kofmehl. Ich werde einiges vermissen – insbesondere das Herzblut-Team. Es tönt kitschig, aber ich bin jeden Morgen mit Freude ins Kofmehl gegangen. Es gibt wirklich nichts, was mir nun gestohlen bleiben kann.
Wie sieht Dein neuer Job bei Good News aus?
Ich bin da ebenfalls fürs Booking – also fürs buchen von Bands – zuständig. Good News macht Shows in der ganzen Schweiz, von kleinen Clubkonzerten bis zu grossen Openair-Events wie in diesem Sommer z. B. Muse, Foo Fighters und Die Toten Hosen. Es wird sicher spannend, diese ganze Bandbreite kennenzulernen. Und da wir im Kofmehl über 200 Shows pro Jahr gemacht haben, kam das besuchen anderer Lokalitäten oft etwas kurz – nun werde ich mehr rumkommen, auch im Ausland.
Was wird das heftigste sein an der Umstellung?
Ich habe den Kontakt mit den Künstlern und dem ganzen Team immer sehr geschätzt und insbesondere für viele Schweizer Künstler war es immer etwas besonderes, ins Kofmehl zurückzukehren. In einer grösseren Firma mit grösseren Shows läuft möglicherweise das eine oder andere etwas unpersönlicher ab. Anderseits wird es spannend, die Abläufe anderer Lokalitäten sowie grosser Produktionen zu entdecken. Und selbstverständlich freue ich mich darauf, viele neue Leute kennenzulernen.
Wann ziehst Du nach Zürich? 😉
Ich bleibe in Solothurn. Hier ist mein Zuhause, mein Umfeld, mein Boot. Der Job des Bookers hat den Vorteil, dass sich vieles ortsunabhängig erledigen lässt. Und selbstverständlich hoffe ich, dass ich weiterhin einige Kofmehl-Shows einfädeln kann – es gab bereits in der Vergangenheit einige Zusammenarbeiten zwischen dem Kofmehl und Good News. Und natürlich möchte ich auch das eine oder andere Kofmehl-Konzert als Gast besuchen in Zukunft. 😉
Ohne Lucilia wäre zmitz nicht zmitz. Denn im Jahr 2014 gründeten sie und Fabian den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn strahlen zu lassen. Aus langjähriger beruflicher Tätigkeit und purem persönlichem Interesse kennt sie die Kulturbetriebe der ganzen Region und denkt immer eine Nasenspitze weiter. Sie ist aber nicht nur Co-Leiterin der Redaktion, sondern auch Vizepräsidentin des Vereins zmitz.