Wenn es einer schafft, dem Wasseramt zu etwas Glamour zu verhelfen, dann Reto Stampfli. In seinem neuen Buch «Heimatland Wasseramt» erzählt er  Alltagsgeschichten, aber auch von nicht ganz alltäglichen Begebenheiten.

Diese Buch musste ich einfach lesen. Geboren im Wasseramt, 22 Jahre lange dort gelebt – danach, was man als Wasserämterin kaum für möglich hält: Nach einem Intermezzo in Solothurn in den Leberberg übersiedelt. Sorry liebe Leberberger, es ist schön bei euch. Aber das Wasseramt ist idyllischer. Und trotzdem: ich kann mir nicht vorstellen in meinen Heimatort zurück kehren. In Reto Stampflis neuem Buch «Heimatland Wasseramt» taucht dieser mein Heimatort auch nur einmal kurz auf. «Unweit davon befinden sich noch einzelne kleinere Weiler und Höfe, wie Winistorf, Gallishof, Hüniken, Heinrichswil, Horriwil, Hersiwil, die aber auf unserer Reise ohne weiteren Nachteil übergangen werden können.»

Zitiert wird da ein Ausschnitt aus Jakob Hofstätters gekürzter Version von «Ein Gang durch Kriegstetten». Dieser Text in Reto Stampflis Buch ist auch für eine Exil-Wasserämterin sehr lehrreich. Erfährt man doch viel über die Industrie und Geschichte des Wasseramtes. Zudem ist Jakob Hofstätters Aussensicht von 1864 – sowie Reto Stampflis Kommentar dazu – sehr spannend.

Stampfli kennt das Wasseramt nicht von aussen, sondern er ist mittendrin – in Etziken – aufgewachsen. Und wenn er in seinen Geschichten von Mutproben am Burgäschisee, von Dorffehden und Maskenbällen erzählt, dann weckt das Erinnerungen. Vielleicht nicht an eigene Erlebnisse, aber auch an Erzählungen der Eltern und Grosseltern.

Die Fotos von Reto Stampflis Frau Monika wecken weitere Erinnerungen. An Züge, die uns von Subingen aus am Bahnhof Etziken vorbei nach Herzogenbuchsee führten. An Schulreisen der Emme entlang oder auf den Steinhof.

Reto Stampfli bringt mich zum Lachen, wenn er Dorfnamen aufführt, wie zum Beispiel Boudy-Jule, Schtruche-Ärnscht oder Zäugli-Vigg. Lässt mich aber bei der Liste von Wasserämter-Ausdrücken auch grübeln. Was zum Teufel bedeuten die Wörter: Brämechessu, Brieschmüuch oder Chachelibigger?

Doch die Geschichten spielen nicht nur in der Vergangenheit. Die Erzählung vom Familietürk passt prima in die heutige Zeit. Und «Damals in Woodstock» zeigt auf, dass es tatsächlich Gemeinsamkeiten zwischen dem geschichtsträchtigen Openair sowie dem Openair Etziken gibt. Bei zwei der Geschichten frage ich mich: Realität oder Fiktion? Respektive: ich will es gar nicht so genau wissen und stelle mir gerne vor, dass die Geschichten rund um den Militärfahrraddoktor und um den französischen Schauspieler bei der Silberkugel in Deitingen stimmen.

Bei ein paar wenigen der Geschichten hätte ich mir noch etwas mehr Lokalkolorit gewünscht. Aber um diesen erleben zu können, sollte ich mich vielleicht einfach wieder mal an einen Stammtisch in einer Wasserämter Beiz setzen – oder nachmittags mal mit der Buslinie 5 oder 7 Richtung Buchsi fahren und den Gesprächen im Bus zuhören.

Weitere Infos zum Buch findet man hier

Ohne Lucilia wäre zmitz nicht zmitz. Denn im Jahr 2014 gründeten sie und Fabian den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn strahlen zu lassen. Aus langjähriger beruflicher Tätigkeit und purem persönlichem Interesse kennt sie die Kulturbetriebe der ganzen Region und denkt immer eine Nasenspitze weiter. Sie ist aber nicht nur Co-Leiterin der Redaktion, sondern auch Vizepräsidentin des Vereins zmitz.