Wenn ich zur Weihnachtszeit an die Solothurner Singknaben denke, stelle ich mir brave Engelsstimmen angereiht in einem Chor vor. Umso überraschender war der Auftritt in der Kulturfabrik Kofmehl.

Wer sich einen guten Platz ergattern wollte, musste frühzeitig in der Halle des Rostwürfels erscheinen. Ich war nicht die Einzige, die sich am dritten Advent die Weihnachtsgeschichte, vorgetragen durch die Solothurner Singknaben, anhören wollte. Passend zur Location, welche sich normalerweise härtere Töne und Beats gewohnt ist, traten die Singknaben mit rockig gefärbten Haaren und lässigen Sonnenbrillen auf.

Der Aufführungsort Kofmehl mochte einige auf den ersten Blick überrascht haben, aber die Singknaben machten der ihnen noch unbekannten Bühne, alle Ehre und gaben Vollgas. Ganz nach dem Motto: Die Klänge von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium aus der Kirche zu tragen, wählten die Singknaben dieses Jahr bewusst einen ungewohnten Aufführungsort. Eine akustische Herausforderung, ich war gespannt.

Nicht nur optisch waren die rund 40 Sänger kofmehltauglich, sondern sie schafften es auch die Halle für einmal mit ganz ruhigen und sanften Klängen zu füllen – und es passte. Begleitet vom Orchester, angereiht auf den Estraden und musikalisch geleitet von Andreas Reize, der seinen Dirigentenplatz auf dem Mischpult mitten im Raum fand, wurde das Konzert zu einem einmaligen Erlebnis. Zuschauer, die im bestuhlten Raum ihren Platz gefunden hatten, waren in das musikalische Ensemble von Chor, Musikern und Dirigent eingebettet. Andere, die sich ein Loge-Plätzli ganz oben auf der Estrade ergattert hatten, staunten nicht schlecht, als immer wieder Solisten aus irgendwelchen Nischen auftauchten.

Die Singknaben, der älteste Knabenchor der Schweiz, erhielten zwar Unterstützung von diversen Solisten, welche die Geschichte mit hochwertigem Gesang unterstützen. Ich persönlich freute mich aber immer auf die Einsätze der Singknaben, weil es diejenigen waren, die an diesem Abend «frohlockten». Die Tränchen der stolzen Eltern und Grosseltern flossen aber erst ganz zum Schluss, als die Singknaben nur mit Chorgesang, einige klassische Weihnachtslieder zu ihrem Besten gaben. Mich haben an diesem Abend die Singknaben, diesmal mit Rockerfrisur anstatt «Heiligenschein» versehen, mit ihren Engelsstimmen in weihnachtliche Stimmung versetzt.