Während zmitz-Bloggerin Dominique Niklaus sozusagen mit Emils Sketchs aufgewachsen ist, denkt Blogger Tim Felchlin beim Namen Emil an «Senioren-Humor».

Emil – Humor für alte Leute?

Tim Felchlin

Emil mit jung und jünger

Dominique Niklaus

Natürlich ist mir Emil Steinberger ein Begriff. Er scheint ja beinahe schon Schweizer Kulturgut zu sein. Trotzdem war Emil für mich bis anhin kaum ein Thema. Hie und da bin ich beim Fernsehen einem seiner Sketche begegnet, hängen geblieben bin ich aber nie. Vielleicht bin ich ja einfach zu jung für Emils Humor, immerhin ist der 81-jährige Luzerner über sechzig Jahre älter als ich.

Und tatsächlich ist eines unübersehbar: Die allermeisten der Hereinströmenden sind mindestens eine Generation älter als ich. Dann seh ich aber doch noch eine Handvoll Altersgenossen. Die einen oder anderen von ihnen begleiten ihre Grosseltern ins Kofmehl. Ist Emil also doch Humor für alte Leute?

Auch Dominique und ich suchen uns ein Plätzchen in der rappelvollen Kofmehlhalle, warten auf den Grand Seigneur des Schweizer Kabaretts und stimmen uns ein auf unser Duell. Die Erwartungen scheinen bei Dominique höher zu sein als bei mir, sie ist mit Emils Witzen ja auch aufgewachsen. Ich bin «gwungrig», weiss aber noch nicht so recht was mich erwartet. Emils aktuelles Programm «Drei Engel» ist ja eigentlich eine Lesung und über Emils Bücher weiss ich noch weniger Bescheid, als über seine früheren Bühnenprogramme.

Und dann beginnt er also, sitzend an seinem kleinen Lesepult und mir fällt auf: Der Mann ist noch fit wie ein Turnschuh, auch wenn er an diesem Abend erkältungsbedingt immer mal wieder zwischen den Zeilen hustet.

Der erste Eindruck ist durchaus positiv, seine kleinen Geschichten kommen an. Die naive, um nicht zu sagen kindliche Art seiner Erzählweise lassen Emil auf keinen Fall wie einen Senioren wirken. Das gefällt.

Im zweiten Teil merke ich dann zunehmend, dass die Pointen von Emils Geschichten zwar durchwegs amüsant sind, ein echter Brüller findet sich darunter aber nicht. Sein Auftritt ist nie langweilig und doch habe ich immer wieder das Gefühl, es sind weniger die Witze als viel mehr sein Talent des guten Erzählers, das tatsächlichen Unterhaltungswert hat.

Emil macht keine Grossvaterwitze, vielleicht aber eben doch Witze für den Grossvater, denn wären Emils Pointen einzige Schenkelklopfer, es käme dem künstlichen Hüftgelenk wohl nicht zugute.

Emil ist ein guter Beobachter, ein guter Erzähler und professionell in seinem Auftreten. All das macht seinen Auftritt im Kofmehl zu einem amüsanten Abend, nicht spektakulär aber amüsant.

Es ist wie es ist, man wird einfach nicht jünger. Umso älter fühle ich mich an diesem Mittwochabend neben meinem Duell-Partner Tim. Und zwar nicht wegen dem offensichtlichen Altersunterschied, sondern wegen den unterschiedlichen Erwartungen an die Lesung von Emil. Ja genau, Emil, der Emil, der mich durch die Jugend begleitet hat mit seinen wunderbaren Sketchen. Er spielte den naiven Schweizerbürger, auf Mundart, in schweizerischem Hochdeutsch oder in einem fetten français fédéral. Noch heute rezitieren meine frankophonen Alterskollegen gerne Emil, wenn wieder im Bundesbeamten-Französisch vorgetragen wird.

Tim jedoch kommt mit einer Kampfansage ins Duell: «Ich kann nichts damit anfangen.» Absolut unverständlich für mich. Emil steht für mich über allen anderen seiner Gilde, viel nachgeahmt und doch unerreicht.  Ich bin einfach nur gespannt, wie eine Lesung à la Emil wohl ablaufen wird.

Mit einem Stapel Bücher kommt er auf die Bühne, setzt sich an den Tisch. Er ist gesundheitlich etwas angeschlagen, eine üble Erkältung ist noch nicht ganz auskuriert. Dennoch beginnt er gut gelaunt den Abend. «Wahre Lügengeschichten» heisst eines seiner Bücher aus denen er liest. Nicht alle seine Erzählungen sind wahr und schon mit seinem Sohn galt die Abmachung, wenn Emil drei Finger in die Höhe streckt – die drei Engel – dann sei die Geschichte wahr. Emil erzählt mehr als dass er liest, es ist ein Sammelsurium an Anekdoten aus seinem bewegten Leben: Emil auf Tour, Emil in New York, Emil in der Schweiz. Ob eine Geschichte wahr ist, bestätigt er auch hier mit den drei Engeln. Streckt er die Finger nicht in die Höhe, geht sogleich ein Raunen durch das Publikum. Es ist ein gelungener Abend, es sind erfrischende Alltags-Geschichten mit den richtigen Pointen an den richtigen Stellen. Auch Tim scheint sich über den alten Herren zu amüsieren. Ich hätte mir einzig gewünscht, dass Emil einen seiner berühmten Sketche spielt, eben einen von früher, als ich nicht nur jung sondern jünger war.