Unser Blogger Tim Felchlin hat den vergangenen Sonntagmorgen nicht nur mit Kaffee und Gipfeli, sondern auch mit viel Philosophie gestartet.

Der Sonntagmorgen ist für viele Inbegriff von Ruhe und entspannter Atmosphäre. Perfekte Bedingungen also um sich ohne Ablenkung den grossen philosophischen Fragen des Lebens zu widmen. Das ist die Idee und das Konzept des Café Philo in Solothurn. Seit 2010 bietet der gleichnamige Verein den Solothurner Philosophiebegeisterten eine Plattform, um zumindest für einen kurzen Moment eingehend zu sinnieren, zu diskutieren, eben zu philosophieren. Wie der Name verrät, beinhaltet das Café Philo aber nicht einfach intellektuelles Fachsimpeln, sondern auch einen gemütlichen sonntäglichen Cafébesuch, wenn auch mit durchaus tiefgreifendem Gesprächsstoff.

Kurz vor zehn Uhr trete ich aus dem Morgennebel, der über dem Landhausquai hängt, ein in die Café & Bar Barock, dem Stammlokal des Café Philo. Ich finde im bereits gut gefüllten Raum ein Plätzchen und bestelle mir fürs erste einen Tee.

Die allermeisten der Kaffeephilosophen sitzen bereits vor dampfenden Tassen, beissen in ihre Gipfeli und unterhalten sich, im Moment noch dezent, mit dem Tischnachbarn. Pünktlich um zehn Uhr unterbricht Anja Leser unsere Plaudereien zugunsten zweier Stunden Philosophie. Sie ist Gastmoderatorin, Philosophin in Ausbildung, wie sie sich trotz abgeschlossenem Studium nennt, und gehört nebst mir und einem weiteren jungen Frühaufsteher mit Abstand zu den jüngsten im Raum. Mit einigen Gedanken eröffnet sie die rund zweistündige Diskussion zur heutigen Frage: «Ist mein gutes Leben planbar? Welche Rolle spielen der Zufall und das Schicksal?» 
- Es wird keine Smalltalkrunde, so viel ist bereits jetzt klar.

Ein erstes kurzes Abtasten an das zugegeben anspruchsvolle Gesprächsthema ist bei den meisten schnell überwunden und rasch stellt sich die Frage, was ein gutes Leben denn genau voraussetzt. Die philosophische Frage wird bald schon zur politischen, wobei es Anja Leser versteht, mit geschickten Zwischenbemerkungen und Nachfragen immer wieder auf die Ursprungsfrage zurück zu finden.

Es bedarf grosser Aufmerksamkeit, dem Gedankenaustausch folgen zu können, und dennoch gestaltet sich dieser Vormittag als äusserst kurzweilig. Das liegt sicherlich nicht zuletzt daran, dass hier der Akademiker der Hausfrau, die Politikerin dem Studenten das Wort reichen: Was heisst es denn, sein Leben zu planen? Wenn es ein gutes Leben gibt, was ist dann ein schlechtes Leben? Und haben unsere Ausführungen überhaupt Allgemeingültigkeit?

Längst bin ich in meinen eigenen und den Überlegungen meiner Mitphilosophen versunken, der kalte Tee steht vergessen vor mir und allerspätestens als auch ich meine Gedanken ins Geschehen miteinbringe, hat sie mich gepackt, die Lust am Philosophieren.

Als es zwölf Uhr, schlägt hat sich der Nebel über der Aare verzogen, ich jedoch versuche noch immer in all den Fragen den Durchblick zu finden. Philosophie findet halt nur schwer ein Ende. Und auch wenn an diesem Morgen hie und da Kant, Epikur oder der Dalai Lama zitiert wurden, kann ich nach diesen zwei Stunden mit Sicherheit sagen, dass es keinesfalls ein abgeschlossenes Philosophiestudium braucht, um im Café Philo mitreden zu können.

Das nächste Café Philo findet am Sonntag, 30. November im Café & Bar Barock in Solothurn statt. Moderation: Annemarie Pieper. Thema: Wie viel Moral ist für ein gutes Leben nötig?