Vier Ohren, zwei Ansichten: Die Lesung von Hanspeter Latour.
Lesung à la LatourDominique Niklaus |
Der leere Stuhl Peter Bichsels oder die etwas andere Lesung eines GoaliesMarcel Frey |
Latour liest. Ein Bild, das man sich nur schwer vorstellen kann. Da soll der charismatische Fussballtrainer, der vielen bekannt ist als Trainer, als Kommentator in den Medien, aber vor allem als wortgewandtes Energiebündel, hinter einer Leselampe Zeile um Zeile aus seinem Buch zu zitieren. Nun, zwar wurde der Abend mit Hanspeter Latour in der Buchhandlung Lüthy in Solothurn als Lesung angekündigt, aber es ist viel mehr eine sehr unterhaltsame Ansammlung von Anekdoten aus seiner Karriere, die Latour seinem Publikum darbietet. Das Buch, das übrigens Beat Straubhaar geschrieben hat, hat er erst gar nicht dabei. Frei von der Leber weg erzählt er, was ohnehin viel interessanter ist: Wie seine Karriere als Profifussballtrainer hier in Solothurn begann, wie die Verantwortlichen des FC Solothurns ihn damals von der gut dotierten, sicheren Stelle als Bundesbeamter weglockten, damit er sich seiner wahren Leidenschaft hingeben konnte: Dem Fussball. 13 Jahre insgesamt trainierte er hier in Solothurn und man merkt, dass ihn nach wie vor einiges mit dieser Stadt verbindet. Viele der rund 130 Zuhörer kennen Latour persönlich aus dieser Zeit: ehemalige Spieler, Fans und andere Bekanntschaften. Zu seinen Bekannten in Solothurn gehört nicht zuletzt auch Schriftsteller Peter Bichsel, der auf Wunsch von Latour auch das Vorwort zum Buch schrieb. Dessen Stuhl bleibt aber während der Buchpräsentation leer, was Latour nicht daran hindert, seinen Freund mit witzigen Anekdoten zu würdigen. Es ist ein äusserst unterhaltsamer Abend, Latour beeindruckt mit seinen rhetorischen Fähigkeiten; pointiert und witzig erzählt er von der Läckerli-Tour durchs Oberland, wie er eine geschenkte Flasche des teuren «Château Latour» mit seinen Spielern aus Pappbechern trank oder wie es dazu kam, dass er mit seinen Spielern regelmässig durch die Autowaschanlage ging. Er hätte gewiss noch viel mehr zu erzählen, aber das Buch will auch verkauft werden. Geduldig signiert Latour zum Schluss die Bücher, schreibt für jeden eine persönliche Widmung. Und zu guter Letzt kommt als später Gast auch Peter Bichsel auf ein Glas Wein. |
Wenn eine Person wie ein Hanspeter Latour zu einer Lesung in Solothurn lädt, kann man davon ausgehen, dass der Veranstaltungsort bis auf den letzten Platz gefüllt sein wird. So ist es dann auch, letzten Freitagabend im ersten Stock des Bücher Lüthy. Nur ein Platz bleibt den ganzen Abend lang leer, der einzige mit einer namentlichen Reservation. Es ist der Stuhl für Peter Bichsel, dieser schrieb das Vorwort für Latours Autobiografie auf geschmeidigen 293 Seiten. Latour beginnt den Abend mit dem Hinweis, dass er darauf verzichten wird aus dem Buch vorzulesen, da man dies ja selber kaufen und dann lesen könne. Lieber erzähle er ein paar Anekdoten aus den 13 Jahren, die er den FC Solothurn trainiert hat. Latour kommt ja schon am Fernsehen verbal dynamisch rüber, ihn jetzt aber quasi in freier Wildbahn zu erleben, was für ein einnehmender Rhetoriker er ist, ist schon beeindruckend. Immer wieder zeigt er während seiner Erzählungen auf ihm bekannte Gesichter im Publikum und baute sie in seine Erzählung ein. Es fühlt sich an wie das freudige Coming Home eines Mannes, der dem FC Solothurn seine letzte grosse Zeit bescherte. Doch ich hätte mir gerne etwas mehr Geschichten aus dem Innern einer Fussballmannschaft gewünscht. So bleibt es fussballtechnisch etwa auf dem Niveau einer Schweizer Illustrierten, wenn diese über Fussball berichtet. Nichts unbedingt Neues, dies aber süffig erzählt. Als wir draussen stehen um den Abend Revue passieren zu lassen, taucht wie aus dem Nichts doch noch Peter Bichsel auf. Ich frage ihn, ob er unser Exemplar des Latour-Buches signiert und suche in meinen Taschen nach einem Kugelschreiber. Doch Bichsel hat seinen schon gezückt und unterschreibt mitten auf der Strasse auf einem Velosattel die erste Seite. |
Hanspeter Latour mit Freunden aus seiner Zeit beim FC Solothurn.
Er ist unser Mr. Rock. Er besucht gerne laute Konzerte, ist ein Vinyl-Liebhaber, hat immer tausend Ideen und mindestens genauso viele Connections. Er mischt unsere Bloggertreffen auf – und macht auch aus kleinen Konzerten mit seinen Geschichten einen Anlass mit Weltformat, denn Marcel ist ein wandelndes Rock-Lexikon – und dieses Wissen packt er dann gerne in seine Blogs. Er ist zudem eine «Gwungernase» und löchert darum auch gerne hiesige Musiker mit seinen nicht ganz alltäglichen Fragen.